Wenn das Fasziennetz im Körper spröde wird
Der Körper ist von einem Netzwerk von Faszien durchzogen: Bewegungsmangel und Verletzungen können diese Fasern schädigen. Die Folgen sind oft Gelenk- und Rückenschmerzen. Was dagegen hilft.
Der Daumen geht tief hinein in die Haut, der Schmerz schwillt an – und löst sich. Die manuelle behandlung wird mit Zug und flächigen Bewegungen entlang der Bahn in Bein, Arm oder Rücken, auf der sich der Schmerz entlangzieht, angewandt. Nein, hier wird kein Muskel, sondern eine Faszie behandelt.
„Unter Faszien versteht man alle kollagenen, faserigen Bindegewebe als Teil eines körperweiten Netzwerks. Faszien umgeben jeden Muskel, jedes Organ und jede Bandstruktur und vernetzen so unseren ganzen Körper.“
Faszien umhüllen jedoch nicht nur die Muskeln, sondern auch die in ihnen enthaltenen Faserbündel und jede Muskelfaser. „Dies gibt allem in uns Form und Kontur und ermöglicht mühelos gleitende Bewegungen und Bewegungsfreiheit der Gelenke in vielerlei Richtungen und Winkel“.
In der faszialen Hülle ist eine Vielzahl von Dehnungsrezeptoren verbunden, was für die Wahrnehmung des eigenen Körpers wichtig ist. Diese Hülle ist überdies ein Kommunikationssystem: „Ein Teil der biochemischen Stoffe wird über das Fasziensystem weitergeleitet“.
Sei ein Organ zum Beispiel geschwollen, gelte das auch für seine Faszie. Dann werde quasi ein SOS-Signal an das Hirn übermittelt. „Ebenso enthalten Faszien Nervenendigungen, die Informationen vermitteln“.
Die kollagenen Fasern sind normalerweise parallel zueinander angeordnet. Durch Fehl- oder Überbelastung ebenso wie durch Bewegungsmangel können sie sich verdrehen, verkleben oder verfilzen. Die Folge können Gelenk- oder Rückenschmerzen, fehlendes Balancegefühl, Taubheitsgefühl oder Kribbeln sowie Bewegungseinschränkungen sein.
Und bei ständigem Stress erhöht sich der fasziale Tonus, das Zusammenziehen der Faszien. Dies äußert sich durch Verspannungen oder Steifheit – und da die Faszien im ganzen Körper miteinander verbunden sind, verteilt sich die Spannung im ganzen Körper.
Gezielte Griffe lösen verdrehte oder verklebte Fasern
Dagegen helfen soll eine gezielte Faszientherapie. Durch gezielte Griffe sollen sich die verdrehten oder verklebten Fasern lösen. Die Wirkung soll der Patient unmittelbar spüren, erst starke Schmerzen und im Laufe der Behandlung, indem er weniger Schmerzen hat und beweglicher wird.
Durch Bewegung wird dieser Auf- und Abbau aktiviert. Vorstellen kann man sich dies wie ein Spinnennetz, das nach einem Sturm an einigen Stellen gerissen ist. Die Spinne flitzt dorthin und repariert ihr Netz.
Im Körper sind Fibroblasten, körpereigene Bindegewebszellen, die Spinne. Sie legen nach einer mechanischen Stimulation mehr Kollagen an oder bauen bei Bewegungsmangel Kollagen ab.
Wer sich zu mehr Bewegung und ausgewogener Ernährung aufrafft, könne innerhalb von sechs Monaten bis zwei Jahren ein ehemals sprödes Fasziennetzwerk in ein belastbares und flexibles Fasernetz um- und aufbauen. Der Wissenschaftler hat dafür ein Training mit dynamischen Dehnübungen entwickelt.
Ein- bis zweimal Training in der Woche reicht aus
Ein Beispiel: Ein gestrecktes Bein wird auf einem Stuhl abgelegt, das Knie des anderen Beins ist leicht gebeugt. Nun den Oberkörper mit schulterbreit und nach vorn gestreckten Armen in Richtung ausgestrecktes Bein ziehen, der Rücken ist gerade.
Nach etwa einer Minute sehr langsam nachlassen, dabei mit kleinen Drehungen nachspüren, wo es im Bein zieht. Ein- bis zweimal Training in der Woche reicht aus und kann ergänzt werden durch barfuß Seilspringen, wobei man mit dem Vorderfuß möglichst vorsichtig aufkommen sollte.
Spitzensportler wie die deutschen Fußballnationalspieler werden schon entsprechend behandelt. Bei einer akuten Erkrankung empfiehlt sich allerdings eine Therapie, die direkt bei der Ursache ansetzt.
bezugnehmend auf folgenden Originalartikel von Alexandra Bülow:
https://www.welt.de/gesundheit/article132813233/Wenn-das-Fasziennetz-im-Koerper-sproede-wird.html
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